Welche Probleme und Konflikte bringt Airbnb in Städten?

Wie kann man mit Airbnb Geld verdienen. Die Anleitung - (c) Peggy auf pixabay.com
Wie kann man mit Airbnb Geld verdienen. Die Anleitung - (c) Peggy auf pixabay.com

Reisende wollen nicht mehr als Touristen gelten und sich zumindest in die lokale Community assimiliert fühlen. Dass die Realität jedoch eine andere Sprache spricht und der Gast auch in dieser Reiseform einen sozialen und wirtschaftlichen Abdruck hinterlässt, steht auf einem anderen Blatt. Airbnb und viele weitere touristische Sharing Economy Plattformen bedienen sich diesem Wunsch und schaffen die Begehrlichkeit, wie ein Local durch die Gassen internationaler Städte zu stapfen.

Auf welcher Erfolgswelle Airbnb seit ihrem Börsen IPO reitet und wie toxisch euphorische Firmenbewertungen sein können, beschreiben wir euch hier. In den folgenden Kapiteln wollen wir euch eine unvollständige und mit Sicherheit ewig erweiterbare Liste an problematischen Zuständen vorstellen, die die Professionalisierung der touristischen Vermietung von Privateigentum mit sich brachte.

Sharing Economy, ein demokratisches Konzept mit Haken

Grundgedanke der Sharing Economy und so auch Airbnb ist – wie der Name schon sagt – das Teilen seines Eigentums mit der Allgemeinheit wenn man es selbst nicht benötigt und dafür einen marktfähigen Obolus einzuheben. Jeder kann daran teilnehmen und jeder hat das Recht seinen Preis festzulegen. So lässt sich unkompliziert etwas Taschengeld mit brachliegenden Quadratmetern verdienen. Eine romantische Anschauung, wenn uns die Realität nicht lehren würde, dass gerade die finanzielle Optimierung von Wohnraum, besonders im urbanen Raum, nur ein paar wenigen vorbehalten ist. Nämlich denen die bereits Vermögen besitzen. So bietet die Kurzzeitvermietung heute ein geeignetes Investmentfeld zur Diversifizierung neben touristischen Aktien oder ETFs.

Das Konzept von Airbnb und der Sharing Economy im Tourismus brachte einige Erkenntnisse

Die ursprüngliche Idee, eine Luftmatratze mit Frühstück an gelegentliche Couchsurfer anzubieten wurde schnell zum kalkulierten Milliardengeschäft. Wohnungsknappheit, astronomische Preise, Unmut bei Bevölkerung sind das Ergebnis, aber warum?

1. Ganze Wohnungen sind auf airbnb erfolgreicher als die Luftmatratze

Seit dem ersten Aufbegehren von Einheimsichen aufgrund unleistbarer Wohnfläche in Großstädten weltweit hat sich regulatorisch sehr viel in den Kommunen getan. Denn Privatzimmervermieter entziehen Städten den Lebensraum ihrer Bevölkerung. Das Grundprinzip, seine Couch für eine Nacht anzubieten führt zu keiner Veränderung am Wohnungsmarkt. Wird allerdings eine ganze Wohneinheit permanent touristisch angeboten, so kann sie von einheimischen Mietern nicht mehr genutzt werden. Man muss nun kein Prophet sein, um zu erkennen, dass bei Touristen ein ganzes Apartment zum fairen Preis gefragter ist, als sich Bad und Toilette mit dem fremden Gastgeber zu teilen.

2. Höhere Rendite durch Kurzzeit Vermietung

Touristische Vermietung verspricht besonders bei aktuellem Marktumfeld eine lukrative Alternative zur Vermietung von Wohnraum. Eine überteuerte Anschaffung überhitzten Immobilieninvestments eine höhere Rendite als die Vermietung von Wohnraum. Eine maximale Eigenkapitalquote lässt sich erreichen durch (1) möglichst geringem Eigenanteil bei der Finanzierung einer Liegenschaft, bei minimalstem Niedrigzins, durch (2) rasantem Wertanstieg der Immobilie und/oder durch (3) hohe Mieteinnahmen. Die Asset Inflation tendiert zur Abflachung, Zinsen steigen wieder und seit 1.7.22 ist (zumindest in Österreich) bei Fremdfinanzierungen eine Eigenkapital von mind. 20% Vorschrift. Damit soll gefährliches Overleveraging verhindert werden. Bleibt noch Maßnahme drei – Maximierung der Mieteinnahmen.

An diesem Beispiel verdeutlicht sich der Renditevorteil einer 40m² Wohnung in Salzburg:

Vermietung von Wohnraum:
40m² x €12,- netto kalt pro Monat = €480,- netto / €528,- brutto bei 10% Ust x 12
= €6.336 unversteuerter Erlös im Jahr

touristische Vermietung:
2019 lag der durchschnittliche Erlös bei Vermietung eines ganzen Apartments, das mit einem Hotelzimmer zu vergleichen ist bei $145* pro Nacht = €130.
Die Durchschnitts – Jahresauslastung lag bei knappen 64%*.
Jahresumsatz = €130 x (365/(1/0,64)) = €30.368 (oder ein RevPar von €83)
abzgl. BK pm (inkl. Heizkosten, Warmwasser, Rücklagen, Verwaltung) €155,- netto / €175,- brutto = €2.100 pa
=€28.268 unversteuerter Erlös im Jahr
*laut airbnb Studie 2019

3. Beste Margen sind dort zu erzielen, wo es sich auch am besten wohnt

In einer Studie der TU Wien 2017 stellte sich heraus, dass das Geschäft mit der Kurzzeitvermietung bisweilen hoch professionalisiert ist. Anbieter von nur einer Unterkunft verfolgen zumeist den klassischen Nebenerwerb und vermieten vielleicht gelegentlich ihren Zweitwohnsitz oder ein Familienobjekt. Sie machten 2017 ca. 83% der Vermieter aus. Allerdings besaßen sie nur 58% aller angebotenen Unterkünfte. Das bedeutet am anderen Ende starke unternehmerische Tätigkeit mit bis zu 43 verschiedenen Einheiten in der Hand eines Anbieters alleine in Wien. Grundsätzlich ist unternehmerischer Geist nichts schlechter, allerdings konzentrieren sich die Wohnungen sehr stark in jenen Orten wo logischerweise auch die beliebtesten Wohngegeneden liegen. In dieser Studie wird von einem permanenten Entzug von 2000 Wohnungen (also 365 Tage im Jahr) gesprochen.

Seitdem tummeln sich digitale Berater, Erfolgscoaches und Investmenttrainer, die das schnelle Geld mit airbnb versprechen. Breite Investments mit möglichst großen Fremdkapital Hebeln sollen durch touristische Vermietung schnell zur Amortisation führen. Daher dürfte die vermeintliche Professionalisierung des Geschäftes deutlich zugenommen haben.

4. Viele Wohnungen zu vermieten ist günstiger als ein Hotel zu führen

Das Modell der Kurzzeitvermietung animiert potente Investoren, über Neubauprojekte herzufallen, bevor noch ein Anrainer den ersten Bagger gesehen hat. Das bis vor kurzem vorherrschende Niedrigzins Niveau wirkt hier bei Investitionseifer wie ein Brandbeschleuniger. Den großen Hebel bedienen neuerdings Großfirmen, die massive Immobilenportfolios zur Kurzzeitvermietung auf Plattformen einkaufen. Der Vorteil liegt auf der Hand. Einige Hundert Einzelobjekte sind krisenresilienter (da alternativ als befristeter Wohnraum einsetzbar) und vor allem im Gesamtvolumen teilbar. Die genauen Vorteile eines Wohnungsportfolios erklären wir hier.

Anders als ein Hotel, das immer zur Gänze betrieben, saniert oder verkauft werden muss. Ähnlich wie bei Goldreserven wird es im Ernstfall vorteilhafter sein, für den Brotkauf viele kleine Münzen zu besitzen, als einen großen Barren. Betriebs- und Personalkosten werden minimiert. (Laut dem Buch FAIReisen von Frank Herrmann haben Airbnb-Gäste einen um 78% geringeren Energieverbrauch als Hotelgäste, was in dieser Betrachtung wiederum positiv ist)  und ein Anbieter kann mit dem selben quantitativen Angebot eine ganze Reihe an Zielorten und Zielgruppen bedienen, anstatt more of the same in derselben Straße.

Eine Annehmlichkeit als Kunde eines solchen Konglomerats ist, eine standardisierte Qualitätssicherung. Das Unternehmen ist bemüht um Kundenbindung. Wenn ich als Gast dieselbe gute Dienstleistung an anderem Ort erwarten kann, dann ist die Wahrscheinlichkeit des wiederholten Kaufs höher.  Denn dass die Masse abenteuerlustig und bei jedem Trip abenteuerlustig und für unerwartete Überraschungen offen ist, ist eine Mär. Der Erfolg dieser Immobilienportfolios ist vorprogrammiert.

5. Schnelles Geschäft mit fremdem Eigentum

Einmal schnell seine eigene gemietete Wohnung zu vergeben, wenn man selbst auf Urlaub ist, klingt verlockend. Das bessert das Haushaltsgeld auf und bezahlt anteilig Betriebskosten. Nur ist diese Untermiete nicht automatisch erlaubt. Ein Blick in den Mietvertrag oder Gespräch mit dem Vermieter wird bald für Ernüchterung sorgen. Unterviermietung ist oft per Vertrag ausgeschlossen.

Zu unbedingt verbotenem um zudem sozial dreisten Handeln zählen Untervermietungen von geförderten Wohnungen. Diese von der Stadt subventionierten Objekte für finanziell benachteiligte Bürger dürfen natürlich nicht geschäftlich genutzt werden. Besonders ärgerlich ist ein solches Verhalten, wenn offizielle Sozialempfänger selbst dieses Spiel spielen und für spaltenden Unmut sorgen.

6. Grauzonen am Rand der Legalität und Steuerhinterziehung

Airbnb verschleiert bisweilen die Angabe exakter Standorte auf der Plattform. Entgegen anderer Anbieter wie booking.com, lässt sich lediglich die Nachbarschaft des Objektes erahnen, was ein „Aufspüren“ des Anbieters besonders im urbanen Bereich erschwert.

Daher wird es der Steuerfahndung auch nicht leicht gemacht, den Ertrag durch Vermietung und Verpachtung genau zu lokalisieren. Wo es bei der Langzeitvermietung einen Mietvertrag bedarf und der Eigentümer im Grundbuch bekannt ist, kann eine Kurzzeitvermietung über Plattformen nicht nachvollzogen werden.

Das Hauptproblem von airbnb: Entzug von bitter nötigem Wohnraum – Bild: basicthinking.de

Die Konsequenz aus diesen Erkenntnissen und folglich der Profitmaximierung

  • Dort wo Menschen auf engem Raum leben, nämlich in Städten, kommt es zunehmend zu Konflikten zwischen Reisenden und Bereisten.
  • Wohnraum, besonders in schönen Lagen ist nicht mehr zugänglich.
  • Mietpreise schießen durch Verknappung durch die Decke.
  • Anrainer werden von oft vermieteten Airbnbs gestört, indem permanent Bewegung im Stiegenhaus ist.
  • Entgang von Steuereinnahmen bei den Kommunen und Staaten, sowohl durch Einkommensteuer, als auch durch touristisch verpflichteten Orts- und Tourismustaxen.
  • Abfluss von Klientel aus der klassischen Hotellerie und schwindende Auslastung.
  • Kommunen und Staaten reagieren auf das einfache Vermieten.
  • Besonders im urbanen Raum begann man dem airbnb Wildwuchs den Kampf anzusagen, zu verbieten, einzudämmen, oder noch viel lukrativer, steuerlich für sich zu gewinnen.
  • Nach einer Vielzahl von Prozessen und taktischen Schritten airbnbs gegen einzelne Regierungen erkannte der Konzern dann doch, die Hand die sie in form eines Geschäftsmodells füttert, nicht zu beißen und zu kooperieren. Gemeinsam suchte man mal produktiver, mal weniger an Lösungen, wie Plattformen und Destinationen gleichermaßen ihre Interessen wahren konnten.
  • Ein großer Wunsch der Kommunen war als ersten Schritt die Offenlegung der Buchungen über Airbnb und folglich der Abführung der ortsüblichen Kurtaxen an die Destinationen. In diese Karten ließ sich Airbnb Inc. Im fernen San Francisco nicht blicken, was zu Unmut und Eigeninitiative bei den Städten führte.

Was kann jeder Einzelne gegen die Probleme durch Airbnb tun, ohne auf das Angebot zu verzichten?

Keine Privatzimmer Vermieter auf diesen Plattformen mehr buchen? Wäre eine Lösung, aber nicht zwingend die Richtige. Auch wenn man es am ersten Blick nicht erwartet, so sind die Reisenden der Sharing Economy klimaschonender unterwegs. Der Verzicht auf ausladende Hotel amenities wie Spabereiche, Laundry Maschinerien und volle Frühstücksbuffets bis 5 vor Ende bringt einen deutlich schlankeren ökologischen Fußabdruck mit sich.
Mit diesen 5 Punkten ließe sich das Mieten einer Ferienwohnung nachhaltiger gestalten:

  1. Buche nicht dort, wo bereits auf der Übersichtskarte eine Wohngegend erkennbar ist und sich Angebote türmen.
  2. Fördere den kleinen Vermieter, der sich gelegentlich sein Taschengeld aufbessert. Gewerbliche Profis entlarvst du mit dem Prädikat Superhost (10+ Angebote) und unendlich vielen Bewertungen – Hier wird permanent und hochfrequent vermietet.
  3. Browse durch das Profil deines Hosts. Relativ transparent lässt sich ausmachen, ob dein Vermieter über eine, wahrscheinlich seine eigene, oder eine Vielzahl an Immobilien verfügt.
  4. Mache dich mit den Vorgaben zur Vermietung deiner Destination vertraut. Viele Städte fordern von Vermietern die Kennzeichnung ihres Inserats mit einem Registrierungscode. Diesen Code erhalten Vermieter erst nach Bewilligung zur Vermietung von der Stadt. Kontrolliere, ob ein solcher Code im Inserat erscheint
  5. Bevorzuge Inserate, wo du auch den Vermieter persönlich triffst. Du willst doch auch authentisch reisen, baue eine Beziehung mit deinem Vermieter auf. „Meet the Local“. Oft leben Investoren im Ausland und du erhältst den Schlüssel anonym via Tresor. New York führte zB dahingehend strenge Regeln ein. Wohnungen, an denen der Eigentümer nicht vor Ort ist dürfen nur 30 Tage im Jahr vermietet werden.

Titelbild von InstagramFOTOGRAFIN – Peggy auf pixabay.com