Dein Flug verspätet oder annulliert? so forderst du die Kosten gratis ein.

Schadenersatz bei Flugverspätung leicht gemacht - wir erklärens dir Step by Step - (c) Jan Vasek auf pixabay.com
Schadenersatz bei Flugverspätung leicht gemacht - wir erklärens dir Step by Step - (c) Jan Vasek auf pixabay.com

Schon wieder ist es passiert. Hier steht man nun: Voll bepackt mit schweren Koffern, einer unnötigen Daunenjacke um die Hüfte, obwohl man ja in den Süden fliegt. Das Wetter vor der Haustüre verlangte es noch. Kissenörnchen bereits im Nacken und das jährlich steigende Konvolut an Reiseunterlagen in der griffbereiten Bauchtasche, leicht außer Atem mit dem Kind an der Hand und Schweißringen unterm Arm. Verzweifelt steht man an Abflugsmonitoren und muss feststellen, dass man seine Daunenjacke wohl doch noch heute benötigen würde. „Canceled“ steht unverschämt neben der gebuchten Flugnummer.

In einem abgeschwächten Szenario liest man zumindest „Delayed“ neben der Destination. Egal, nach dem ersten Schock setzt womöglich Ratlosigkeit, wenn möglich aber Organisationstalent ein. Irgendwann weichen schließlich alle Emotionen dem Ärger. Jetzt freut man sich so lange auf den Urlaub und dann kommt man hier nicht vom Fleck, hat Mehrkosten aufgrund einer Zusatzübernachtung und in jedem Fall erhebliche zeitliche Einbußen. Zeit ist Geld. Dafür muss doch eine Entschädigung fällig sein, oder?

Das Fluggast Recht: „Am Ziel ankommen!“

Ja so ist es. Jeder Passagier hat Fluggastrechte und eines davon ist die ureigenste Geschäftsidee – von A nach B zu gelangen. In bestimmten Fällen garantiert die Fluglinie einen sicheren und möglichst pünktlichen Transport zur Zieldestination. Wird dieses Versprechen nicht eingehalten, dass muss die Linie ihr Versäumnis monetär kompensieren. Ausgenommen sind wie immer Umstände, die selbst die Fluglinie nicht beeinflussen kann, zum Beispiel politische Instabilität und schlechte Wetterbedingungen sein. Ob ein solcher Umstand vorliegt wir immer überprüft.

Welche Entschädigungsfälle gibt es grundsätzlich bei Flügen?

Die Rechtslage unterscheidet zwischen verschiedenen Vorfällen und setzt hierbei verschiedene Entschädigungssätze an. Ebenso wird klar festgehalten, ob die Fluglinie zu einer Erstattung der Flugkosten oder zu weiterer Kompensation verpflichtet ist. Finde die offizielle Formulierung der EU auf den Anwendungsbereich der Fluggastrechte auf der Website der Europäischen Union. Grundsätzlich lassen sich folgende Fälle definieren:

  • Entschädigung für Verspätung
  • Erstattung und Entschädigung für Annullierungen von Flügen
  • Entschädigung bei Nichtbeförderung/Überbuchung
  • fehlende Informationen über Fluggastrechte
  • Herabstufung/Downgrade
  • Nichteinhaltung der Rechte von Menschen mit Behinderung

Welche Ausgleichszahlung steht mir als Entschädigung zu?

Bei Verspätung

Ob Verspätung, Annullierung, Nichtbeförderung, all diese Vorfälle führen zum selben Ergebnis. Man erreicht sein Ziel verspätet. Art 5 Abs. 1 lit. c in Verbindung mit Art 7 der Verordnung (EG) 261/2004 in der Auslegung des EuGH (Urteil vom 19. 11. 2009 in den verbundenen Rechtssachen C-402/07 und C-432/07 „Sturgeon/Condor“) besagt, dass jede Ankunft am Reiseziel ab 3 Stunden nach der geplanten Ankunftszeit als etschädigungswürdige Verspätung gilt.

Die Höhe der Entschädigungssumme richtet sich nach der Flugstrecke. So werden
Flüge bis zu 1.500 km mit € 250,
Flüge bis 3.500km mit € 400 (sowohl innerhalb, als auch außerhalb der EU) und
Flüge über 3.500km mit € 600 (50% Abzug bei einer Verspätung von weniger als 4h)
pro Passagier kompensiert.

Die Distanzermittlung erfolgt durch den ersten Abflugsort inklusive aller Umsteiger bis zur final Destination.

Bei Schlechterstellung

Bei Überbuchungen oder Systemfehlern kann es passieren, dass die gebuchte Beförderungsklasse von der Fluglinie nicht mehr angeboten werden kann und man durch ein „Downgrading“ einen Sitz mit weniger Service erhält. In diesem Fall wird eine teilweise Erstattung des Flugpreises fällig. Zu beachten ist hier, dass als Grundlage lediglich der reine Flugpreis OHNE Steuern wie Treibstoffzuschlag und Flughafentaxen dient. Steuern machen bei div. Flügen manchmal bereits bis zu 50% des Ticketpreises aus.

Die Höhe der Erstattung richtet sich wieder nach der Distanzstaffelung wie oben.
-30% bei Flügen bis zu 1.500km
-50% bei Flügen bis zu 3.500km
-75% bei Flügen ab 3.500km

Auf welche konkreten Leistungen habe ich noch am Flughafen Anspruch und danach?

in vielen Fällen ist eine Fluglinie neben der Rückerstattung eines Fluges zu weiteren Ausgleichszahlungen oder Support vor Ort verplfichtet. Durchlesen lohnt sich also oft doppelt. So muss sich eine Fluglinie bei gestrandeten Gästen um deren Verpflegung bis zu einem gewissen Grad mit Snack und Getränkegutscheinen, einzulösen am Flughafen, kümmern. Ebenso muss es gestattet sein, kostenlos Familie und angehörige kontaktieren zu dürfen. Ist eine Verspätung über eine Nacht hinaus unumgänglich, dann muss sich die Fluglinie auch um eine entsprechende Unterbringung des Gastes kümmern. Wir diese Hilfe von der Fluglinie nicht gestellt, dann solltet ihr auf jeden Fall alle Zahlungsbelege für eine spätere Schlichtung aufheben.

Wie kann ich mein Fluggastrecht und eine Entschädigung einklagen?

Mach es selbst, anstatt teure Online Agenturen zu beauftragen!

Die Auseinandersetzung als Privatperson mit einem Konzern wie einer Fluglinie kann vermeintlich mühsam und langatmig sein. Ein Beistand mit Know How wäre hier nützlich. Da man mittlerweile alles im Internet findet, findet man auch schnell kompetente und freundliche Unterstützer. Sie nennen sich Flightright, Fairplane, Airhelp, EUflight, Reclamio oder, oder, oder…

Freundlich und kompetent sind sie wirklich und die Durchsetzungsquote für den Kunden ist beeindruckend. Allerdings lassen sich diese Agenturen ihre Leistung auch gut bezahlen. 30% und mehr der erbeuteten Entschädigung werden fällig, schließlich ist das Prozedere des Rechtedurchsetzens unheimlich komplex und juristisch gefinkelt, wie es auf den Webseiten zu lesen ist. Eine Erfolgsprämie für die Agentur für das Einklagen eines annullierten Langstreckenflug muss es dem Geschädigten dann schon Wert sein.

Nein muss es nicht, denn das Reklamations Prozedere ist alles andere als komplex. Man benötigt lediglich etwas Geduld und den Original Boardingpass der verspäteten Fluges oder Buchungsbestätigung der Annullierung.

Schritt 1: Beschwerde unmittelbar nach dem Vorfall an die Fluglinie richten

Jede Fluglinie muss auf ihrer Website einen Reklamationsbereich anführen, wo man sie mit seinem Anliegen kontaktieren kann. Gemäß Verordnung EG 261/2004 des Europäischen Parlamentes und des Rates der Europäischen Union ist nämlich jedes Flugunternehmen verpflichtet eine Mitteilung der Fluggastechte und die damit verbundene Kontaktmöglichkeit zu publizieren. Oft sind diese Formulare gut neben dem Impressum, in der 16. Menüebene des Kundenservices oder in der Fußzeile versteckt, aber man findet sie. Die meisten Flag Carrier führen mittlerweile Rückerstattungsmöglichkeiten im Hauptmenü im Bereich des Buchungsmanagements – zB Lufthansa.

Solltet ihr kein Formular zur Reklamation entdecken, jedoch eine allgemeine Adresse zum Kundenservice der Fluglinie, dann findet ihr HIER ein paar Briefvorlagen.

Bitte beachtet, dass ihr immer mit den Unternehmen kommuniziert, bei denen ihr auch den Flug gebucht habt. Bucht ihr bei der Airline, dann gilt oberes, Habt ihr einen Reiseveranstalter wie die TUI gewählt, so bieten diese direkte Reklamationsformulare an. Am einfachsten habt ihr es, wenn ihr auf traditionellem Weg über euer freundliches Reisebüro um die Ecke gebucht hat, die sind höchstpersönlich für euch Ansprechpartner. Am schwierigsten wird die Sache, wenn ihr ein Ultra-billiges Last Minute ticket über eine Meta-Suchmaschine wie Skyscanner, Kayak, oder Checkfelix gebucht habt. Meistens bleibt ihr hier von den Anbietern wie Bravofly, Tripmonster oder Kissandfly beim Support im Regen stehen gelassen. Hier bewahrheitet sich das Sprichwort: „Wer nichts bezahlt ist auch nichts wert!“ Schaut also genau schon bei der Buchung, WER der Verkäufer ist.

Schritt 2: Geduld und kühlen Kopf bewahren

Rückerstattungsprozesse sind konzernintern oft sehr komplex und müssen von Fall zu Fall geprüft werden. Dabei durchlaufen die eingelangten Beschwerden mehrere Stationen. Zum Teil sind Einreichungen aber auch nicht komplett und Unterlagen müssen nachgefasst werden. Das kann sich über mehrere Wochen ziehen.

Schritt 3: (1)Vor Freude springen oder (2) vor Ärger kochen

In der Regel ist ein solcher Rückerstettungsprozess nach sechs Wochen abgewickelt und die Entschädigungssumme überwiesen. Solltet ihr binnen sechs Wochen keinerlei Reaktion von der Fluglinie erhalten oder keine Bemühungen zur Regelung stattgefunden haben, dann könnt ihr euch an eine sogenannte Schlichtungsstelle wenden.

Schritt 4: Öffentliche Schlichtungsstelle beauftragen und nichts dafür bezahlen

Für Deutschland und Österreich gibt es hierbei unterschliedliche Anlaufstellen. Während in Deutschland das Bundesjustizamt für den Bürgerdienst „Schlichtungsstelle Luftverkehr“ verantwortlich zeichnet, ist in Österreich das Bundesministerium für Verkehr dafür zuständig.

In Deutschland nennt sich die Schlichtungsstelle: SÖP – Schlichtungsstelle für öffentlichen Personenverkehr

In Österreich nennt sich die Schlichtungsstelle: APF – Agentur für Passagier und Fahrgastrechte

In jedem Fall kümmen sich ausgebildete Juristen um jeden einzelnen Fall.

Was muss bei einer Meldung bei der Schlichtungsstelle vom Geschädigten eingebracht werden?

Im Prinzip muss der Sachverhalt beschrieben und die missglückte Versuch einer Kontaktaufnahme mit der Fluglinie nachgewiesen werden. Je mehr Belege es dazu gibt desto besser. Boarding-Pässe, (falls verfügbar) sowie Schriftverkehr mit der Airline (ausgehende und eingehende Mails oder Briefaufgabe-Bestätigung, automatische Antwortmail, Faxbestätigung…) können dabei hochgeladen werden. Belegt auch, wenn ihr bereits aktiv bei der Airline nachgefragt habt, eine alternative Beförderung zum Ziel bzw. eine Hotelunterbringung ztu erhalten. In der Regel führt ein einfaches Kontaktformular durch den gesamten Prozess und fragt folgende Parameter unten ab. Seht also zu, dass ihr auch die nötigen Details bei Hand habt:

  • Datum der Beschwerde
  • Auf welchem Weg wurde Beschwerde eingebracht?
  • Gabe es Reaktion auf die Beschwerde?
  • Name des Einbringers
  • Adresse des Einbringers
  • Kontakt des Einbringers
  • Anzahl der Personen, für die diese Beschwerde eingebracht wird
  • Beschwerdegegner (d.h. die betroffene Fluglinie
  • Reisedatum Hinflug
  • Reisedatum Rückflug
  • Abflugsort Hinflug und Rückflug
  • Umsteigeflughafen Hinflug und Rückflug
  • Bestimmungsort Hinflug und Rückflug (Ankunft)
  • Flugnummer Hinflug und Rückflug
  • Buchungsklasse
  • Beschwerdegrund (Verspätung, Annullierung, Schlechterstellung, etc.)
  • Gesamtankunftsverspätung am letzten Zielort
  • Sachverhalt / detaillierte Beschreibung des Vorfalls und Hergangs der Verspätung. Welche Schäden sind dadurch entstanden?
  • Meine Forderung (z.B.: „Erstattung bei Flugannullierung“ oder „Ersatz von Unterkunftskosten“…)
  • Nähere Angaben zur Forderung: (z.B.: „Neben dem zusätzlichen Zeitaufwand, entstanden Sachkosten im Wert von €162,90“)
  • Erhielt man Hilfe vor Ort und wurde man über die Fluggastrechte aufgeklärt?
  • Wurde ein Angebot zur Betreuungsleistungen von der Airline angeboten?
  • Wurden Vergütungen erhalten? Wenn ja welche Art und in welcher Höhe (mit Belegen)
  • Leistungen in Relation zur Wartezeit / Assistance in relation to the delay:Nach Beantwortung der Fragen bzw.

Nach Übermittlung der notwendigen Unterlagen werden MitarbeiterInnen prüfen, ob die Durchführung eines Schlichtungsverfahrens möglich ist. Gerade in den Hauptsaisonen kann es hier immer wieder zu längeren Bearbeitungszeiten kommen.

Schritt 5: Gehe zurück zu Schritt 3.1

Was tun wenn ich ein anderes Beförderungsmittel gewählt habe?

Die oben genannten Gastrechte sind am Beispiel einer Flugreise durchgespielt worden. Natürlich habt ihr ebenso Recht auf entschädigung, wenn ihr erhebliche Verspätung oder Ausfälle bei Bus, Bahn oder schiff habt. Die entsprechenden Konditionen und Vorgehensweisen sind ähnlich. Auch bei diesen Transportmitteln findet ihr entsprechende Formulare bei der SÖP für Deutschland oder der APF für Österreich.

Viel Glück!

Titelbild von Jan Vašek auf pixabay.com