Das weltweit größte Bierangebot in einer Bar – Prost!

Die Belgier waren um ein gutes Bier noch nie verlegen und verzeichnen eine eben so lange Braugeschichte wie die Tschechen. Gegenüber den Deutschen, der Grand Nation des Hopfentees hatten sie aber einen gewaltigen Vorteil in Sachen Kreativität.

Délirium Café in Brüssel
Délirium Café in Brüssel

Beim Schreiben des letzten Artikels über eine geheime Bar in New York fiel mir unser Roadtrip durch Benelux ein, den wir anlässlich des letzten Queen’s Day 2013 in Amsterdam mit viel Bier auf uns nahmen, bevor dieser zum King’s Day mutierte. Die Bar- und Trinkkultur in der Wiege der EU zu erfahren, war ganz interessant. In ungeordneter Reihenfolge werden wir hier Anekdoten von unserem Roadtrip zum besten geben:

Brüssel und der pinke Bier Elefant

Delirium Brand Belgium Logo
Delirium Logo (c) https://thepintglass.files.wordpress.com/2010/09/delirium.jpg

 

Die Belgier waren um ein gutes Bier noch nie verlegen und verzeichnen eine eben so lange Braugeschichte wie die Tschechen. Gegenüber den Deutschen, der Grand Nation des Hopfentees hatten sie aber einen gewaltigen Vorteil in Sachen Kreativität. Die Belgier waren nie an das Reinheitsgebot von 1516 gebunden, was einem lediglich die Verwendung von Wasser, Malz und Hopfen zur Bierbrauung erlaubte und jegliche Freude an Kreativität vermieste. Die Belgier ließen seit jeher schon die Maisch- und Gärbottiche mit den wildesten Zutaten kesseln und so entstand eine unheimliche Vielfalt an Fruchtbieren und ein buntes Nebeneinanderherleben von Trapistenmönchen und Brauspinnern in über 140 Brauereien des Landes. Es heißt es gäbe 1.000 belgische Biersorten.

Für Hopfenpanscher ist Brüssel und das Delirium Viertel im Herzen der Altstadt daher ein Biermekka. Abseits der Rue des Bouchers entwickelte sich ein Ansammlung an belgischen Bierbars, wo das Braugold in Strömen fließt und unzählige Feinschmecker aus der ganzen Welt anlockt.

Unser Delirium

Wir schlugen uns nach einem Miesmuschelsnack chez Léon um die Ecke durch die geschäftige Gasse, welche mit dem rosa Elefanten gekennzeichnet war und betraten das Delirium Café, eine riesige Kneipe, die beim ersten Anblick das Prädikat „rotzig“ verdiente. Tiefe Decken, gepflastert mit Serviertellern, Wände behangen mit alten Leuchtreklamen und Email Schildern, krächzende Musik aus schlechten Speakern und Tische, deren Holz durch jahrzehntelanges Bierverschütten auf Hochglanz gebeizt waren. Mir gefiels und wir nahmen an einem der kleinen hinteren Tische Platz. L hob eine laminierte Getränkekarte aus einer kleinen Bierpfütze, schüttelte sie kurz ab und begann vorzulesen. Bedingt durch die Geräuschkulisse und der Anhäufung mir nicht geläufiger Biersorten entschied ich, mir im Epizentrum des Lokals – an der Bar – einen Überblick zu verschaffen.
„Nimmst mir was mit? Etwas interessantes zum Probieren.“ bat mich L.

Délirium Café in Brüssel
Délirium Café in Brüssel

Wie beim ersten Besuch eines Kindes bei McDonalds leuchteten meine Augen, war vom Angebot überfordert und verstand kein einziges Wort, was an den Kreidetafeln stand. Nicht weniger als 30 Biere waren an Zapfhähnen angeschlossen, ca. 2.400 weitere gabs in Flaschen. Das war Weltrekord. Auch die stolz funkelnde Auszeichnung des Guinnes Rekords hinter der Theke zeugte davon. Wie sollte man sich jedoch da jemals entscheiden? Zum Glück gabs einen kundigen Barmann, der mit beiden Händen simultan den Bierausstoß hinter der Kommandozentrale seines Bierdampfers regulierte. Hinter der Bar war eben noch Handarbeit gefragt – schon eher automatisiert klang seine Antwort auf meine Frage, welches Bier er empfehle. Monoton erfuhr ich exakt, was ich zuvor an der Kreidetafel gelesen hatte.

Délirium Café in Brüssel
Délirium Café in Brüssel

Kirsche oder Banane?

Ratlosigkeit – mit einer gewissen Unschlüssigkeit fiel meine Wahl letztlich auf „das Sechste“. Das Bier blieb im Kopf hängen, wahrscheinlich weil der Barcaptain gerade hier seinen Vortrag stoppte, nach Luft schnappte und meinem Gehirn Zeit zum Verarbeiten gab.
„Welche Geschmacksrichtung?“ fragte er – auch das noch, Unterkategorien!
„Kirsche oder Banane?“
„Kirsche…aber bitte mit Sahne!“ antwortete ich und schmunzelte verlegen.
Die Zapfhahnkraft blickte mich entgeistert an. Offensichtlich waren Udo Jürgens‘ Gassenhauer in Belgien nicht weit verbreitet, oder es lag an meinem „…mais s’il vous plaît avec crème“. Seinem Blick entnahm ich, dass Sahne definitiv nicht Bestandteil der belgischen Brauphilosophie war und erwiderte „Schon gut, lass volllaufen.“ Wir verständigten uns daraufhin mehrere  weitere nervenzermürbende Minuten über Füllmenge und Glaswahl bis er wieder kopfschüttelnd an seinen Hebeln ruderte. Mit seinem Geschick könnte er die Nautilus locker 20.000 Meilen unter dem Meer navigieren. Ach ja, L wollte auch and ein besonderes Bier… Verdammt das ganze Spiel nochmal???
„…und ein kleines von dem daneben“ warf ich nach, zahlte am Tresen und schlängelte mich zurück zu L.

Délirium Café in Brüssel
Délirium Café in Brüssel

Irgendwo zwischen verbeulten Vintage Schildern und flackernden Plexileuchten sah ich sie sitzen und mit einem verdutzten asiatischen Paar diskutieren. Wahrscheinlich wollten die bloß einen Tiger Beer Absacker in einer lauschigen Bar einnehmen – Fehlanzeige. Das Lokal füllte sich zusehends und den exotischen Bieren waren wir immer weniger abgeneigt. Noch eins und noch eins sollte seinen Weg über unsere Gurgeln finden.
Es war spät geworden, umso mehr ging es vor den Türen der Lokale weiter rund. In dem kleinen Gässchen tummelten sich sowohl Raucher, als auch Frischluftler, tauschten Neuigkeiten, Geschichten und Zigaretten aus. Um 04.00 Uhr morgens war wie immer Zapfenstreich und die unzählbaren Bierquellen versiegten. Wir taumelten an belgischen Franzosen und französischen Deutschen vorbei, ich zwinkerte meinem neuen Freund, dem jetzt mit dem Putzlappen wedelnden Schankcaptain zu und konnte mir nicht verkneifen, meine Fingertapse an den polierten Zapfhähnen zu hinterlassen.

Das Délirium Village im Herzen Brüssels
Das Délirium Village im Herzen Brüssels (c) planative

Wo findet man die Delirium Gasse in Brüssel:

Delirium Café
Impasse de la Fidélité 4A
1000 Ville de Bruxelles
Belgien

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